Forschungsstipendium 2021
Das erste Forschungsstipendium 2021 über 60'000 Franken der Schweizerischen Hirnliga geht an Mahshid Gazorpak, PhD-Kandidatin in Molekular- und Verhaltensneurowissenschaften an der ETH Zürich. Sie erforscht, wie Stress-Rezeptor-Proteine die Stressreaktion im Gehirn beeinflussen. Man erhofft sich aus dieser Forschung neue Erkenntnisse und Therapiemöglichkeiten für die Behandlung stressbedingter psychischer Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen.
Mit dem Forschungsstipendium fördert die Schweizerische Hirnliga Mahshid Gazorpaks wissenschaftliche Arbeit während eines Jahres.
Proteine manipulieren, Stress lindern
Proteine sind die Bausteine der Zellen. Sie beeinflussen unser Verhalten – beispielsweise, wie unser Gehirn mit Stress umgeht. Ein Protein, das bei Stress eine zentrale Rolle spielt, ist das Glukokortikoid-Rezeptorprotein, kurz GR. Mahshid Gazorpak geht davon aus, dass das Stressempfinden verringert werden kann, wenn dieses Protein deaktiviert wird. Ihre These will die Stipendiatin mit eigens entwickelten Molekülen, «GR-Löschern», überprüfen. Diese Art der Proteinmanipulation wird damit erstmals in der Hirnforschung eingesetzt.
Weil Gazorpaks Forschung herausragende Erkenntnisse und neue Therapiemethoden verspricht, hat der Vorstand der Schweizerischen Hirnliga ihr Projekt unter zahlreichen eingegangenen Bewerbungen als besonders vielversprechendes Nachwuchsprojekt auserkoren.
Neue Methode für die Hirnforschung
Mahshid Gazorpak erforscht, wie das GR-Protein die Stressreaktion steuert. Sie nimmt an, dass es stresshemmend wirkt, wenn die GR-Proteine ausgelöscht sind. Bisherige Studien stützen diese These. Jedoch fehlte bislang eine passende Untersuchungsmethode, um diesen Ansatz weiterzuverfolgen.
Nun verwendet Gazorpak erstmals speziell für ihre Untersuchung designte Moleküle, um das GR-Protein im Gehirn gezielt «aufzuspüren». Auch in anderen medizinischen Disziplinen gilt diese Methode der Proteinmanipulation aktuell als sehr vielversprechend; so wird sie zurzeit für die Behandlung von Prostatakrebs klinisch getestet.
Gezielte Anwendung, weniger Nebenwirkungen
Die «GR-Löscher» lassen sich ganz gezielt einsetzen, wodurch das Risiko für Nebenwirkungen sinkt. Bereits eine kleine Dosis, direkt ins Gehirn injiziert, soll für die Proteinmanipulation ausreichen. Zunächst will die Stipendiatin die «GR-Löscher» an Gehirnzellen im Reagenzglas testen. Danach werden sie erstmals am lebenden Tiermodell angewendet.
Gazorpaks Forschungsprojekt konzentriert sich auf den Hippocampus, einen Bereich des Gehirns, der für Emotionen und Erinnerungen zuständig ist. Nachdem die «GR-Löscher» direkt in den Hippocampus lebender Mäuse gespritzt werden, wird geprüft, ob und wie die Löscher-Moleküle mit den GR-Proteinen interagieren. Wenn sie interagieren, so die These, sollten die Proteine unwiederbringlich abgebaut werden und die behandelten Mäuse danach weniger stark auf Stress reagieren.
Diese neue Methode wie auch die möglichen Erkenntnisse aus Mahshid Gazorpaks Forschungsprojekt bergen enormes Potential für die Neurowissenschaft und für die Therapie stressbedingter Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. Die Schweizerische Hirnliga hat dieses Projekt deswegen ausgewählt, um der Nachwuchsforscherin mit dem Forschungsstipendium der Schweizerischen Hirnliga den Einstieg in ihr Forschungsprojekt und die Arbeit daran während eines Jahres zu ermöglichen.
Weitere an der Forschung Beteiligte: Dr. Katharina Gapp (Betreuerin); Prof. Johannes Bohacek
Für das Stipendium sind viele sehr hochkarätige Anträge eingegangen. Wir gratulieren herzlich auch der Zweitplatzierten Alexandra Bentrup mit dem Arbeitstitel «Mechanisms leading to cytoplasmic vacuolation in mammalian cells» sowie der Drittplatzierten Inês Antunes dos Santos Dias mit dem Titel «Closed-loop acoustic stimulation of slow-wave sleep: exploring CLAS as a tool to modulate protein handling and neural circuitry properties in animal models of neurodegeneration» und wünschen ihnen viel Erfolg für ihre weitere Forschung.