Schlafmangel – Die versteckte Volkskrankheit

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Tagtäglich legen sich Menschen abends ins Bett und schlafen direkt ein. Nicht allen fällt das so leicht. Schlafprobleme können zur Belastung werden. Wenn wir chronisch müde sind und schlecht schlafen, schadet dies auch unserem Gehirn.

Wenn Sie in dieser Nacht nicht gut geschlafen haben, dann sind Sie damit nicht allein. In der Schweiz leidet rund ein Drittel der Bevölkerung an Schlafproblemen. Das zeigen Daten der schweizerischen Gesundheitsbefragung aus dem Jahr 2022. Etwas über 10 Prozent der Betroffenen leiden gar an behandlungsbedürftigen Ein- und Durchschlafstörungen, der sogenannten Insomnie. Menschen über 50 Jahre und Frauen sind besonders betroffen. «Schlechter oder ungenügender Schlaf hat zur Folge, dass wir uns nicht ausgeruht und wenig leistungsfähig fühlen», sagt Angelina Maric vom Departement für Neurologie der Universität Zürich. «Unser Schlaf spielt eine wichtige Rolle für die physische und psychische Gesundheit», betont die Neurowissenschaftlerin.

Dies bestätigt auch Albrecht Vorster, der am Inselspital Bern zu Schlafstörungen forscht und am Swiss Sleep House tätig ist. «Wir haben einen guten Schlaf, wenn wir morgens erholt aufwachen und tagsüber keine Schläfrigkeit verspüren», so der Neurobiologe. Ist dies nicht der Fall werden wir reizbarer, treffen schlechtere Entscheidungen,.

Guter Schlaf reduziert Risiko für Demenz
Woran liegt es, dass Schlaf für unsere Gesundheit so wichtig ist? Schlafforscherin Maric erklärt, dass unser Schlaf dazu diene, die Aufnahmefähigkeit wiederherzustellen, Gedächtnisinhalte zu festigen und wahrscheinlich auch, das Gehirn von Abfallprodukten zu reinigen. Und Voster führt aus: «Während wir schlafen, erweitern sich die Zellzwischenräume in unserem Gehirn». Dadurch werde unser Denkorgan gewissermassen durchgespült. Beispielsweise wird im Schlaf das Protein Beta-Amyloid ausgeschwemmt. Dieses ist dafür verantwortlich, dass Nervenzellen absterben, was zum Verlust der Gedächtnisfunktion führt und entsprechend Demenz verursachen kann.

«Eine Studie mit über 700 älteren Personen ohne Demenz zeigte, dass stärker fragmentierter, also schlechterer Schlaf das Risiko in den nächsten Jahren an Alzheimer zu erkranken, um rund 22 Prozent erhöht», so Maric. «Mit gutem Schlaf können wir entsprechend Demenz vorbeugen, aber auch anderen neurodegenerativen Erkrankungen», betont Vorster.

Schlafprobleme im Alter
Doch gerade ältere Personen klagen besonders oft über Probleme, ein- oder durchzuschlafen. Gemäss einer Metastudie aus den Niederlanden gaben bei Umfragen rund 20 Prozent der über 65-Jährigen an, regelmässig nachts aufzuwachen und danach nur schlecht wieder einschlafen zu können. Bei den jüngeren Teilnehmenden lagen diese Werte nur halb so hoch.

Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Beispielsweise schwankt der Melatoninspiegel im Alter weniger. Die Folge: Der übliche Tag- und-Nacht-Zyklus verändert sich, Schlaf- und Wach-Zeiten verteilen sich auch über den Tag, der Schlaf wird fragmentierter. Hinzu kommt, dass viele ältere Menschen an Krankheiten leiden und die Einnahme von Medikamenten den Schlaf beeinträchtigen können.

Auch Schnarchen mit Atemaussetzern ist eine der Hauptursachen für einen gestörten Schlaf und Tagesschläfrigkeit. Ab dem 60. Lebensjahr sind mehr als 30 Prozent von einer behandlungsbedürftigen Schlafapnoe betroffen. «Schnarchen mit Atemaussetzern ist so ungesund wie Bluthochdruck und sollte immer behandelt werden» sagt Vorster.

Schlafhygiene
Die gute Nachricht: Generell kann man bis ins hohe Alter einen guten Schlaf haben, wenn einige Dinge berücksichtigt werden. Darin sind sich die Experten einig. «Schlafhygienische Massnahmen können helfen, um einen ungestörten und guten Schlaf zu fördern», führt Schlafforscherin Maric aus. «Dies beinhaltet zum Beispiel die Einhaltung regelmässiger Bettzeiten, den Verzicht auf Koffein und Alkohol vor dem Zubettgehen, sowie eine angenehme und ruhige Schlafumgebung.»

Dass viele Schlafstörungen im Alter massiv zunehmen, verortet Schlafforscher Vorster zudem im veränderten Verhalten: «Senioren liegen häufig zu lange im Bett». Ihr Schlafbedarf liege bei maximal sieben Stunden. Weil sie allerdings früher schlafen gehen oder bereits tagsüber ein Nickerchen machen, können sie in der Nacht nicht gut durchschlafen. Und nicht zuletzt betont Vorster die Bedeutung des Tageslichts. Das sei zentral, auch für die Produktion von Melatonin, Vitamin D sowie als positiver Stimmungsheber.

Wann ein Gang zur Ärztin nötig wird
Hat man über Monate und immer wieder Mühe, ein- oder durchzuschlafen, liegt möglicherweise eine Schlafstörung vor und man sollte professionelle Hilfe beanspruchen. «Schlafstörungen sind keine Bagatelle, man sollte sie ernst nehmen», unterstreicht Vorster. Als Erstbehandlung bei Ein- und Durchschlafproblemen solle grundsätzlich immer eine kognitive Verhaltenstherapie erwägt werden. «Schlafmittel behandeln nicht die Ursache von Schlafstörungen und zeigen sehr schlechte Wirkung in der Langzeitbehandlung.» Auch Entspannungstechniken oder Geräte, welche die Atmung im Schlaf erleichtern sind denkbare Therapiemöglichkeiten. «In einer Schlafsprechstunde werden Störungen und ihre Ursachen gründlich untersucht», sagt Maric. «So können geeignete Behandlungsmethoden identifiziert werden.»

Tipps zum guten Schlaf finden Sie in unserem aktuellen Magazin «das Gehirn» 3/2024.

 

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