Schlau essen

Dieser Artikel stammt aus unserem Spendermagazin «das Gehirn». Unsere Zeitschrift «das Gehirn» erscheint viermal im Jahr und ist für Spenderinnen und Spender der Schweizerischen Hirnliga kostenlos. Lesen Sie weitere spannende Beiträge, indem Sie hier ein Probeexemplar bestellen.

Literweise Kaffee, Energy Drinks oder gar Pillen und Kapseln: Wer viel leisten muss, greift gerne zu Mitteln, die wach, konzentriert und leistungsfähig machen sollen. Wer träumt nicht von einem hervorragenden Gedächtnis, von scharfer Konzentration oder davon, die Weisheit buchstäblich mit dem Löffel zu essen? Zahlreiche Lebensmittel werden als «Brainfood» angepriesen – mittlerweile will uns ein ganzer Industriezweig zeigen, wie wir uns «intelligent» essen können. Gibt es tatsächlich so etwas wie Treibstoff fürs Gehirn?

In der Tat braucht das Gehirn rund einen Fünftel unseres gesamten Energiebedarfs. Anders als Muskeln, Fettgewebe und andere Organe kann es keine Energie speichern: Was es zu leisten vermag, hängt davon ab, welche Nährstoffe es zur Verfügung hat – und wie gut unser Kreislauf und der Stoffwechsel funktionieren. Die Nährstoffe, die das Gehirn gerade braucht, nimmt es sich sofort und direkt aus dem Blut. Dabei helfen ihm die Astroglia. Das sind Helferzellen, welche die Ernährung der Nervenzellen übernehmen und dafür sorgen, dass das Gehirn bei der Ernährung immer zuerst kommt: Vor allen anderen Organen nimmt es sich, was es braucht – und schützt sich selbst bei einem Nahrungsmangel vor Unterernährung.

Ausgewogen und abwechslungsreich
«Schlau essen» heisst vor allem ausgewogen und abwechslungsreich essen, damit der Körper dem Gehirn stets Nachschub von allem bereithalten kann. Bei einer ausgewogenen Ernährung ist es für einen erwachsenen Menschen fast unmöglich, sich nicht gehirngerecht zu ernähren. Doch auch wenn unserem Gehirn nichts fehlt: Erhält es mit «Brainfood» nicht zusätzliche Power?

Dies sei schwierig, erklärt Neurobiologe Henning Beck in seinem 2014 erschienen Buch (Hirn-rissig. Die 20.5 grössten Neuromythen – und wie unser Gehirn wirklich tickt): Die Astroglia seien nämlich gleichzeitig auch «Türsteher-Zellen», die einen Schutzwall um die Blutgefässe bilden und bestimmen, welche Moleküle ins Gehirn kommen und welche nicht. Was man ausdrücklich fürs Gehirn isst, muss dort nicht einmal ankommen. Auf bestimmte Bestandteile in der Nahrung ist das Gehirn angewiesen.

Ungesättigte Fettsäuren beispielsweise helfen, Zellmembranen und die Isolierschicht um die Nervenfasern aufzubauen. Nur so können die Zellen einwandfrei funktionieren, Informationen weitergeben und speichern. Wenn wir dem Gehirn von diesen Bestandteilen aber mehr anbieten, als es braucht, nimmt es doch nur das, was es im Augenblick benötigt.  Dennoch gibt es Stoffe, die unser Gehirn leistungsfähiger machen. Welche das genau sind, wird immer noch erforscht. Bisher zeigt die Forschung einzig, welche das sein könnten – und bleibt dabei im Konjunktiv. Allerdings mehren sich beispielsweise die Hinweise, dass Omega-3-Fettsäuren aus fetthaltigem Fisch oder Rapsöl die Vernetzung der Nervenzellen im Gehirn verbessern und den geistigen Verfall im Alter bremsen.

Gesund essen schützt
Auf eine falsche Ernährung reagiert unser Gehirn empfindlich. Fette gehören zu jenen Stoffen, die an den «Türsteher-Zellen» relativ einfach vorbei kommen. Mehrere Studien lassen vermuten, dass gesättigte Fett- und Transfettsäuren nicht nur dem Körper, sondern auch dem Gehirn schaden. Wenn Nahrungsmittel wie Butter, Gipfeli oder Pommes-Frites in zu grossen Mengen gegessen werden, kann dies die Zellmembrane der Gehirnzellen beeinflussen und so das Risiko für Gehirnerkrankungen erhöhen.

Mit «schlauem Essen» werden wir nicht über Nacht gescheiter – eine ausgewogene Ernährung ist aber notwendig, damit wir das Potential unseres Gehirns ausschöpfen und neurologischen Erkrankungen vorbeugen können. Oder in Henning Becks Worten: «Solange Sie sich abwechslungsreich ernähren, wird sich das Gehirn schon die besten Stücke mopsen und immer gut versorgt bleiben.»

Das Gehirn ist unser wichtigstes Organ. Und doch wissen wir nur wenig darüber.

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